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FREYSCHMIDT - FRINGS - PANANIS - VENN - Verteidiger in Strafsachen

Änderungen des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung zum Schutz der Vertraulichkeit des Mandatsverhältnisses im Zuge der Reform des Rechts der sozietätsfähigen Berufe

02.02.2021

Am 20 Januar 2021 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf „zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe“ beschlossen. Der Entwurf sieht unter anderem eine Reform des Rechts der sozietätsfähigen Berufe und damit einhergehend eine Erleichterung der interprofessionellen Zusammenarbeit vor. Dafür soll § 59c der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) geändert werden. Der Regelungsvorschlag des § 59c BRAO-E soll die interprofessionelle Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit allen Angehörigen der freien Berufe in einer Berufsausübungsgesellschaft ermöglichen. Damit könnte auch ein nichtanwaltlicher Gesellschafter (bspw. Arzt, Ingenieur oder hauptamtlicher Sachverständiger) seinen Beruf in der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaft ausüben.

Um einen umfassenden Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen rechtsanwaltlichen Berufsträgern und ihren Mandantinnen und Mandanten zu gewährleisten, sieht der Regierungsentwurf – neben berufsrechtlichen Anpassungen – Änderungen des Straftatbestands der Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) und des Zeugnisverweigerungsrechts für Personen, die an der beruflichen Tätigkeit von Berufsgeheimnisträgern mitwirken (§ 53a StPO) vor.

Durch § 203 Abs. 1 Nr. 3a StGB-E soll der Kreis der Verpflichteten auf die nichtberatenden Organe und Mitglieder der Organe einer Berufsausübungsgemeinschaft erweitert werden. Der Begriff der Mitglieder von Organen umfasst sowohl die Gesellschafterinnen und Gesellschafter der Gesellschafterversammlung als auch die Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer sowie Mitglieder etwaiger Aufsichtsorgane. Demnach unterfällt zukünftig jeder Träger eines freien Berufs, der mit einem Rechtsanwalt eine Berufsausübungsgemeinschaft eingeht, dem Straftatbestand des § 203 StGB.

Allerdings wird von § 203 Abs. 1 Nr. 3a StGB-E klargestellt, dass sich die Verschwiegenheitspflicht der berufsfremden Gesellschafterinnen und Gesellschafter nicht auf alle Tätigkeiten erstreckt, die sie für die Gesellschaft wahrnehmen, sondern nur auf solche Umstände, die im Zusammenhang mit der (rechtsanwaltlichen) Beratung und Vertretung der Berufsausübungsgesellschaft bekannt geworden sind.

Die Änderungen des § 203 StGB werden von einer entsprechenden Änderung des § 53a StPO-E flankiert. Gesellschafterinnen und Gesellschaftern der Berufsausübungsgemeinschaft, die nicht schon unter § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO fallen, steht als mitwirkenden Personen ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 53a StPO-E zu. Die Entscheidung darüber, ob das Zeugnisverweigerungsrecht ausgeübt wird, bleibt den mit der Sache befassten Berufsträgerinnen und Berufsträgern vorbehalten. Wie auch in den anderen von § 53a StPO erfassten Fällen bleibt es auch hier bei einem von dem Berufsträger abgeleiteten Zeugnisverweigerungsrecht.

Über die Bezugnahme auf § 53a StPO in zahlreichen Vorschriften der Strafprozessordnung (vgl. § 97 Abs. 3, § 100d Abs. 5 S. 2, § 100g Abs. 4 S.6 in Verbindung mit §160a Abs. 3 sowie 160a Abs. 3 StPO) gelten auch hinsichtlich der berufsfremden Gesellschafterinnen und Gesellschafter die dort normierten Regelungen zu Beschlagnahme- und Beweisverwertungsverboten und unzulässigen Ermittlungsmaßnahmen.

Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass die mit dem Regierungsentwurf eröffneten neuen Geschäftsmodelle für Anwälte und die freien Berufe nicht zu Lasten der Vertraulichkeit des anwaltlichen Mandatsverhältnisses gehen. Die vorgesehenen Anpassungen des StGB und der StPO sind in sich konsistent und gewährleisten insofern einen ausreichenden Schutz.

Rechtsanwalt Stephan Fink