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Bundesregierung plant weitere Aussetzung der Insolvenzantragspflicht – allerdings in geringerem Umfang als bislang

02.09.2020

Die Insolvenzordnung sieht in § 15a InsO für bestimmte juristische Personen die strafbewehrte Verpflichtung vor, im Falle der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder der Überschuldung der Gesellschaft (§ 19 InsO) ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber nach drei Wochen, einen Insolvenzantrag zu stellen.

Im März 2020 ist diese Verpflichtung bis zum 30. September 2020 pandemiebedingt ausgesetzt worden. Die Pflicht zur Insolvenzantragstellung erlischt gem. § 1 Satz 2 CovInsAG jedoch nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen des SARS-Cov-2-Virus beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht soll nun bis zum 31. Dezember 2020 verlängert werden - jedoch nur für den Insolvenzgrund der Überschuldung. Unternehmen, die zahlungsunfähig sind, die also ihre fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlen können, sollen demgegenüber ab dem 1. Oktober 2020 wieder verpflichtet sein, einen Insolvenzantrag zu stellen. Tun sie dies nicht, drohen eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe bzw. bei lediglich fahrlässigem Handeln eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

Die Bundesregierung begründet die Differenzierung zwischen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit damit, dass es den Unternehmen, die zahlungsunfähig sind, trotz der staatlichen Hilfsangebote nicht in ausreichendem Maße gelungen sei, ihre Finanzlage zu stabilisieren. Der Erhalt des erforderlichen Vertrauens in den Wirtschaftsverkehr gebiete es, diese Unternehmen nicht in die Verlängerung einzubeziehen.

Für Unternehmen in der Krise ist es in der Phase der eingeschränkten Insolvenzantragspflicht bis Ende des Jahres 2020 besonders wichtig zu prüfen, ob Überschuldung und / oder Zahlungsunfähigkeit vorliegt und ob im Falle bloßer Überschuldung die gesetzliche Vermutung einer pandemiebedingten Unternehmenskrise durch die Umstände des Einzelfalls in Frage gestellt sein könnte.

Rechtsanwalt Nikolai Venn