Die nach Jahren der Diskussion mit Gesetz vom 18. Juli 2017 vom Bundestag beschlossene Einführung eines bundesweiten Wettbewerbsregisters ist nach weiteren Jahren der Vorbereitung der praktischen Umsetzung nun Realität: Das Bundeskartellamt hat am 25. März 2021 die Aufnahme des Betriebs des Registers bekanntgegeben. Mitteilende Behörden und öffentliche Auftraggeber können sich dort ab sofort registrieren.
Zweck des Wettbewerbsregistergesetzes (WRegG) ist es, Unternehmen, deren Repräsentanten in einer dem Unternehmen zurechenbaren Weise Wirtschaftsdelikte begehen, von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen auszuschließen, um so einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Die Regelung ist höchst praxisrelevant: Jährlich werden öffentliche Aufträge in dreistelliger Milliardenhöhe an private Unternehmen vergeben.
Bislang fehlte eine bundesweite Regelung; lediglich einzelne Bundesländer (darunter Nordrhein-Westfalen und Berlin) hatten sog. Korruptionsregister eingerichtet, in denen Daten über bekannt gewordene Verurteilungen von Unternehmen und der verantwortlich für sie handelnden Personen gespeichert wurden. Die landesrechtlichen Korruptionsregister werden ihren Betrieb einstellen, sobald die Abfrage für öffentliche Auftraggeber im Hinblick auf das Wettbewerbsregister verpflichtend ist. Dies wird voraussichtlich noch einige Zeit dauern. Zunächst wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) den Zeitpunkt, zu dem die Mitteilungspflicht für mitteilende Behörden und eine Abfragemöglichkeit für öffentliche Auftraggeber anwendbar sein wird, im Bundesanzeiger veröffentlichen. Sechs Monate danach wird die Pflicht zur Abfrage für öffentliche Auftraggeber anwendbar.
In das Wettbewerbsregister werden gem. § 2 WRegG u.a. eingetragen:
- rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen u.a. wegen Geldwäsche gem. § 261 StGB, (Subventions-)Betruges gem. §§ 263, 264 StGB soweit EU-Haushaltsgelder oder sonstige öffentliche Haushalte betroffen sind, wegen Subventionsbetruges gem. § 264 StGB, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB, wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen gem. § 298 StGB, Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr und im Gesundheitswesen gem. §§ 299, 299a StGB, Amtsträgerbestechung und -bestechlichkeit gem. §§ 331 ff. StGB und Steuerhinterzehung gem. § 370 AO,
- rechtskräftige Verurteilungen und Bußgeldentscheidungen wegen einer der in § 2 Abs. 1 Nr. 2 WRegG näher bezeichneten arbeitsstrafrechtlichen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, sofern auf Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen erkannt oder eine Geldbuße von wenigstens 2.500 Euro festgesetzt worden ist,
- rechtskräftig verhängte Verbandsgeldbußen gem. § 30 OWiG, auch in Verbindung mit einer Ordnungswidrigkeit wegen Verletzung der Aufsichtspflicht gem. § 130 OWiG, soweit die Unternehmenssanktion wegen einer der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 WRegG genannten Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten ergangen ist, sowie
- Bußgeldentscheidungen (und zwar unabhängig von Bestands- oder Rechtskraft!), die wegen Kartellordnungswidrigkeiten gem. § 81 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB ergangen sind, soweit das verhängte Bußgeld mindestens 50.000 EUR beträgt.
Die Eintragungen sind für öffentliche Auftraggebern, Sektorenauftraggeber und Konzessionsgebern für Vergabeverfahren einsehbar, um prüfen zu können, ob ein Unternehmen wegen begangener Wirtschaftsdelikte von einem öffentlichen Vergabeverfahren auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann.
Eintragungen werden gem. § 7 WRegG nach 3 bis 5 Jahren gelöscht. Ein eingetragenes Unternehmen hat allerdings die Möglichkeit, eine frühzeitige Löschung zu beantragen, wenn zuvor eine Selbstreinigung i.S.v. § 125 GWB erfolgt ist.
Eine Eintragung in das WRegG kann für Unternehmen und die für sie handelnden Organe empfindliche Folgen haben, die über die eigentliche Sanktion (Strafe oder Geldbuße) weit hinaus reichen. Dies ist bei der Bestimmung der Verteidigungsstrategie in den einschlägigen Fällen rechtzeitig in den Blick zu nehmen.
Rechtsanwalt Nikolai Venn