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BMJV veröffentlicht Gesetzentwurf zur Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet

11.12.2020

Am 27.11.2020 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) den Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet“ veröffentlicht. Da Foren oder Marktplätzen im Internet für bestimmte Deliktsfelder – beispielsweise den Handel mit Betäubungsmitteln, Waffen, Falschgeld oder gestohlenen (Kreditkarten-)Daten – eine immer zentralere Rolle spielen, soll den Strafverfolgungsbehörden durch die Gesetzesänderung nun die Möglichkeit gegeben werden, illegalem Online-Handel konsequent und effektiv zu begegnen.

Ein neuer § 127 StGB-E soll die bessere strafrechtliche Erfassung sog. „krimineller Plattformen“ im Internet, auf denen verbotene Gegenstände und Dienstleistungen gehandelt werden, ermöglichen. Der Straftatbestand soll dabei ausschließlich Plattformen erfassen, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von bestimmten Straftaten zu ermöglichen oder zu fördern. Diese sind in einem Katalog in § 127 Abs. 1 S. 2 StGB-E abschließend aufgeführt. Dazu gehören jegliche Verbrechen (Nr. 1) sowie der Handel mit Kinderpornografie, Betäubungsmitteln, Waffen, Sprengstoff, Falschgeld, gefälschten Ausweisen und gestohlenen Kreditkartendaten (Nr. 2). Im Grundtatbestand beträgt die Strafandrohung bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe; für die Fälle gewerbsmäßiger Begehung sieht die Regelung ein Strafmaß von bis zu zehn Jahren vor (§ 127 Abs. 3 StGB-E).

Der Entwurf zielt im Wesentlichen auf die Betreiber von Internetplattformen ab. Denn die Strafbarkeit des Verkaufs der aufgeführten inkriminierten Waren und Dienstleistungen ist bereits (ausreichend) – teilweise spezialgesetzlich – geregelt. Probleme stellen sich jedoch hinsichtlich einer Strafbarkeit der Plattformbetreiber wegen Beihilfe (§ 27 StGB). Wird eine Verkaufsplattform vollautomatisiert betrieben, muss die plattformbetreibende Person aufgrund der Vollautomatisierung keine Kenntnisdavon davon nehmen, welche konkreten Waren gehandelt werden. In diesen Fällen – so das BJMV in seiner Begründung – können die Regelungen zur Beihilfe nicht ausreichen, da sie nach ständiger Rechtsprechung eine Kenntnis der Haupttat zumindest in ihren wesentlichen Merkmalen voraussetzen. Daneben ist auch eine Zurechnung von Einzeltaten im Zuge einer bandenma?ßigen Tatbegehung nicht immer möglich, da solche Plattenform nicht notwendigerweise von mehr als einer oder zwei Personen betrieben werden müssen. Die Konstruktion von Täterschaft und Teilnahme stößt im Darknet daher gegenwärtig an ihre (dogmatischen) Grenzen. Diese Lücke soll der neue Straftatbestand schließen.

Der neue Straftatbestand soll durch „effektive Ermittlungsmöglichkeiten“ zur Aufklärung der vorgenannten Straftaten flankiert werden. So soll die gewerbsmäßige Begehung in die Straftatenkataloge der Telekommunikationsüberwachung (§ 100a StPO) und der Onlinedurchsuchung (§ 100b StPO) aufgenommen werden.

Länder und Verbände können bis zum 07.01.2021 Stellung nehmen.

Rechtsanwalt Johannes Lamsfuß, LL.M.